Unser erstes Planungstreffen war auf Seiten der Flüchtlinge eine reine Männer-Domäne. Das wollten wir gerne ändern. Es galt also, gezielt die Frauen anzusprechen. Schließlich ist das „Kochen“ in so manchen Kulturkreisen auch heute noch die Kernkompetenz der Frauen. Da müssten wir mit unserem Konzept doch eigentlich richtig liegen und auch einige Damen begeistern können.
Unterstützt wurden wir von Frau Hanna, die mit Ihrem Mann vor 40 Jahren aus Syrien hierher zog und sowohl Arabisch wie Französisch spricht. Die syrische Herkunft wie auch ihre Sprachkenntnisse konnten enorm helfen, mit den Flüchtlingen „ins Gespräch“ zu kommen. So gewappnet, machten wir uns zu der Unterkunft der (oft alleinerziehenden) Frauen und Familien auf.
Draußen spielten einige Kinder und wir baten sie, ihre Mütter zu holen. Oben zeigte sich vorsichtig eine Frau am Fenster und unser Herbeiwinken überredete sie, zu uns zu stoßen. Ob sie noch ihre Nachbarin mitbringen solle, gerne stimmte ich zu.
Aus dem Nachbareingang kam eine junge Familie neugierig auf uns zu. Ich hieß sie herzlich willkommen. Ihre Augen leuchteten. „Wir kommen aus Nigeria und sind gestern hier angekommen“. Zwei Monate hatte ihre Reise gedauert, die Route führte über das Mittelmeer. Mir gingen die Bilder von den altersschwachen, unsicheren Booten durch den Kopf, die skrupellose Schleuser mit Flüchtlingen vollgestopft auf die letzte Reise schicken.
„War es sehr gefährlich“, fragte ich vorsichtig an. „God had an eye on us“ kam nur kurz zurück und sein Finger zeigte nach oben. Was immer sich hinter dieser schicksalhaften Odyssee noch verbirgt, ich will ihn später noch danach fragen.
Die Dankbarkeit und Freude in seinen Augen beim Willkommen Heißen werde ich so schnell nicht vergessen. Was ein Händedruck zur Begrüßung doch bewirken kann…
Es fanden sich schließlich acht Erwachsene ein, die ich von unserem Projekt begeistern konnte. Alle wollten gerne mitmachen und wir verabredeten, dass wir sie zum Planungstreffen an diesem Abend abholen würden.
Als ich zur verabredeten Zeit ankam, huschte eine Dame bei meinem Anblick schnell ins Haus. Sonst blieb die Szenerie leer. Keine Menschenseele war zu sehen und ich fragte mich ernsthaft, ob ich in meiner positiven Einschätzung so dermaßen danebengelegen hatte. Meine Ernüchterung wurde durch den mahnenden Anruf meiner Frau unterbrochen: „Wir warten hier mit gut 10 Flüchtlingen seit…“ Ich versuchte Zeit zu schinden.
Ein kleiner Junge erschien oben am Fenster. Er tippte mit dem Zeigefinger auf sein Handgelenk und sein Daumen gab mir zu verstehen: Eine Minute noch… Darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. Nach etlichen weiteren Minuten quälender Selbstzweifel, deutete Stimmen eine Veränderung an: Aus den Türen kam die gesamte Schar von vorhin – zu meiner großen Überraschung fein gemacht wie für ein Fest, alle hatten sich frischgemacht und herausgeputzt. Einen kleinen 2-jährigen Jungen hatte seine Mutter in einen weißen Frack mit Schwalbenschwanz gesteckt und eine andere Mutter wusste gerade noch beherzt zuzugreifen, bevor er einen Haufen dunkler Erde zum Spielen erreichen konnte.
Bei dem Anblick der Teilnehmer, die sich für uns hübsch gemacht hatten, wie es die Umstände nur so hergaben, wurde mir klar dass es schon etwas länger dauern kann, wenn sich viele ein Bad teilen müssen. Ausnahmslos ALLE vom Treffen am Mittag waren erschienen, so falsch lag ich mit meiner positiven Einschätzung wohl doch nicht.
Nun wanderte der ganze Tross mit Kind und Kegel durch Bad Lippspringe. Den Mitbürgern in den Vorgärten müssen wir schon ein recht buntes Bild mit unserer Truppe geboten haben;-)
Im Gemeindezentrum wartete schon ein großer Saal voller Flüchtlinge und Bad Lippspringer Mitbürger sehnsüchtig auf unser Erscheinen. Unser Ziel für den Abend war die Sammlung der Rezepte aus den Küchen der jeweiligen Länder. Da viele erst kurz bei uns und ihre Deutschkenntnisse noch im Aufbau sind, klappte die Verständigung meist in Englisch, das die meisten Ankömmlinge recht gut beherrschen.
Der Feuereifer mit dem in Diskussionen untereinander die besten Rezepte der Heimat ausgehandelt wurden, konnte begeistern. Anregungen aus dem Internet auf den Bildschirmen der Smartphones wurden mit Fotos aus mitgebrachten Kochbüchern verglichen.
Bei den aufgeschrieben Listen mit arabischen Schriftzeichen wischte einer der Flüchtlinge meine Bedenken vom Tisch „Das übersetze ich noch ins Deutsche“ – Das würde sicher helfen…
Die Sprachkurse sollten hier ihre segensreiche Wirkung entfalten können.
Die Teilnehmer vom ersten Treffen hatten ganze Arbeit geleistet und noch zahlreiche weitere Flüchtlinge von dem Projekt überzeugen können und so waren über zwanzig von ihnen an dem Abend zusammen gekommen.
Mittlerweile sind wir uns schon näher gekommen, begrüßen uns freudig wenn wir uns in Bad Lippspringe über den Weg laufen oder unternehmen etwas gemeinsam. Es gibt noch so viel was wir voneinander lernen und erfahren wollen…
Das hört sich sehr gut an, ich hoffe, euer tolles Projekt macht Schule.
Ich bin ganz begeistert, nicht nur von der schönen Internetseite, sondern auch über die positive Entwicklung des Projektes. Eine tolle Idee, mit sehr engagierten Menschen. Wunderbar! Schade dass ich bisher keine Zeit hatte dabei zu sein …. Ich hoffe das es sich bald ändert und wünsche allen schon mal gutes Gelingen und viel Freude.
Susanne